Am Anfang stand ein Gesuch

Mit einem Gesuch "An den Wohllöblichen Magistrat zu Hamm" wurde unter dem 12. August 1890 um die Erteilung der Erlaubnis zur Bildung eines Schützenvereins in der Ostenfeldmark gebeten. Der Bitte der Ostenfeldmärker wurde seitens des Magistrats entsprochen. Bereits am 8. März 1891 erging die Einladung zu einer Generalversammlung beim Gastwirt Klostermann.

Bei der Vereinsgründung im August 1890 war ein provisorischer Vorstand mit dem Vorsitzenden Heinrich Stoffer und den weiteren Mitgliedern Heinrich Richter, A. Gattmann, H. Witte, W. Schmitz, Carl Herberg und H. Bopp gebildet worden. Die Generalversammlung bestätigte Heinrich Stoffer als Hauptmann. Carl Volmerg übernahm das Amt des stellvertretenden Hauptmanns und ersten Adjutanten. Zum Schriftführer wurde Gottfried Bruse, zu seinem Stellvertreter Karl Kettermann gewählt. Erster Kassierer wurde C. Richard. Heinrich Westhaus war sein Stellvertreter.

Unsere Vorfahren bemühten sich zeitig, dem Schützenverein Ostenfeldmark auch nach außen hin Ansehen und Gepräge zu verleihen. 1891 wurden eine Vereinsfahne und ein Schellenbaum gekauft. Kappenmacher Franz Walter fertigte Scherpen zum Preise von drei Mark das Stück an.

Der Schützenkönig sollte die finanziellen Lasten nicht alleine tragen. Als Prämie bewilligte man 30 Mark. Großzügig zeigte sich auch der Fabrik- und Gutsbesitzer Witte auf Heithof. Am 10. Mai 1891 gestattete er es dem Verein, während des Vogelschießens das angrenzende Tannenwäldchen an der Jägerallee (bis zum heutigen Haus Hocheneck) für die Restauration und das Konzert zu benutzen.

Wie aus den alten Unterlagen zu ersehen ist, war man in den Anfängen sehr "tagungsfreudig". Innerhalb von 10 Monaten trafen sich die Mitglieder in der Wirtschaft der Witwe Feldhaus und beim Wirt F. Insack bei Generalversammlungen.

Für die alten Schützenbrüder war es ein denkwürdiger Tag, als Hauptmann Stoffer für den Schützenverein von der Schulgemeinde Mark ein Grundstück für 800 Mark erworben hatte. Da sich der Kassenbestand damals in einem bescheidenen Rahmen hielt, wurde das Angebot Hauptmann Stoffers freudig akzeptiert, den von ihm vorgelegten Kaufpreis "bei Gelegenheit" zurückzuzahlen. Praktisch wurde mit dem Erwerb dieses Geländes der Grundstock für den Besitz an der Lippestraße gelegt.

Das Vogelschießen fand ab 1891 an der Jägerallee vor dem Fichtenwäldchen statt, welches auch heute noch den Sylverberg abschirmt. Allerdings musste die Vogelstange infolge mehrerer Grundstückstausche in das kleine Wäldchen unweit der "schwarzen Kuhle" (Grundbesitzer Bauunternehmer Heinrich Klostermann) verlegt werden.

[Alte Fahne aus 1891]

Gründungsmitglieder im Jahre 1920
Als der Schützenverein Ostenfeldmark am 26./27. Juni 1920 auf ein 30jähriges Bestehen zurückblicken konnte, vereinigten sich die noch lebenden Gründer und Vorstandsmitglieder zu diesem denkwürdigen Foto. Vordere Reihe von links nach rechts: Fritz Sümper, Heinrich Haarhoff, Heinrich Krabus, Wilhelm Bennemann (1. Schützenkönig von 1891), Karl Volmerg, Dietrich Maas, Gerhard Nillies. - Hintere Reihe von links: Franz Heitkemper, Fritz Franke, Heinrich Krabus, Heinrich Westhaus.

 

Strenge Sitten und Gebräuche

In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts waren die Sitten und Gebräuche der Schützen sehr streng. Unsere jungen Schützenbrüder werden bestimmt schmunzeln, wenn sie erfahren, daß damals die beiden Adjutanten und zwei Offiziere beim Empfang des Königspaares und des Hofstaates nur beritten erscheinen durften. Die Satzungen besagten, daß die so Beauftragten sich einer Geldstrafe von 30 Mark vergegenwärtigen mussten, falls sie ohne Pferd oder gar betrunken den "Majestäten" entgegentraten.

Der Fähnrich wurde verpflichtet, die Fahne am Schützenfest-Sonntag um 10 Uhr bei Hauptmann Stoffer abzuholen und binnen drei Tagen nach dem Fest bei ihm abzuliefern.

Andererseits zeigte man sich großzügig, wenn es darum ging, einem Schützenbruder zu helfen. So wurden dem Schützenkönig 1891, Wilhelm Bennemann, 10 Mark für die Reise von Metz nach Hamm bewilligt, weil er dort beim Infanterie-Regiment 98 diente.

Waren das goldene Zeiten, als man anlässlich des Schützenfestes den Restaurateur Klostermann verpflichten konnte, nur erste Sorten Bayrisch Bier zu liefern "und es darf pro ltr. nicht über 30 Pfennig, das Glas nicht über 10 Pfennig kosten".

Anlässlich einer Vorstandssitzung am 6. März 1893 wurde dem Rendanten W. Hokamp das "gesamte Vereinsvermögen" übergeben. Das angekaufte Grundstück an der Vogelstange verpachtete der Verein für 3 Mark als Kuhweide an Carl Kettermann.

Großzügige Schützenbrüder waren damals vonnöten. Das Vereinsmitglied Kirchhoff schenkte dem Schützenverein eine neue Vogelstange.

Es mag heute eigenartig anmuten, dass selbst für Kleinigkeiten eine Vorstandssitzung anberaumt wurde. Aus dem alten Protokoll ist zu entnehmen, dass dem Hauptmann Stoffer eine neue Hutfeder bewilligt, der Preis jedoch nicht genau bestimmt wurde.

 

Vogelstange zu "Kleinholz" geschossen

Im Jahre 1895 wurde in deutschen Landen die 25-Jahrfeier zur Erinnerung an den Krieg 1870/71 festlich begangen. Der Schützenbruder D. Kuckelmann machte sich erbötig, unseren Schellenbaum umsonst zu tragen. Es war nämlich alles andere als ein Vergnügen, mit dem damals sehr schweren Schellenbaum stundenlang durch das Gelände zu marschieren.

Fahne und Schellenbaum standen auch in den folgenden Jahren immer wieder im Mittelpunkt des Vereinsgeschehens. So musste sich ein Mitglied damit abfinden, den Schellenbaum auf seine Kosten zu reparieren, weil er diesen, wie es die Satzung vorschrieb, "nicht sauber und ganz abgeliefert hat".

Einen wichtigen Schritt unternahm der Verein im Jahre 1897, als der Vorstand beschloss, das Grundstück des Bürgers Witte-Heithof für den Preis von 600 Mark anzukaufen. Bereits vor diesem Ankauf hatte auf diesem Grundstück die Vogelstange gestanden.

Die Stadt Hamm zeigte sich den Schützen gegenüber sehr aufgeschlossen. In einem Dankschreiben an den Magistrat bedankte sich unser Vorstand im Januar 1898 für eine geschenkte Vogelstange. Geht man die "Schenkungsliste" durch, dann erkennt man, dass die damaligen Vogelstangen verhältnismäßig rasch zu "Kleinholz" geschossen wurden. Denn bereits im Jahre 1902 trat der Wirt und Schützenbruder Kirchhoff als Stifter einer weiteren Vogelstange auf.

 

Protest gegen Bebauungsplan eingelegt

Kurz nach der Jahrhundertwende gehörten auch Bürger der Gemeinde Werries unserem Verein an. Die Werrieser Schützenbrüder bissen jedoch auf Granit, als sie den Antrag stellten, die Statuten dahingehend zu ändern, dass auch sie in den Vorstand des Schützenvereins Ostenfeldmark gewählt werden konnten. Der Antrag wurde abgelehnt.

Hohen Besuch erhielten wir am 4. März 1906 anlässlich der Generalversammlung. Der damalige Bürgermeister Richard Matthaei nahm an dieser Versammlung teil, um die Vereinsmitglieder darüber aufzuklären, dass die Stadt Hamm von dem Verein einen Streifen seines Grundstücks an der nördlichen Seite des Schützenplatzes kaufen wollte. Durch einen Grundstückstausch mit dem Brauereibesitzer Wilhelm Isenbeck wurde die bis dato spitzwinklige Fläche rechtwinklig.

Während der Generalversammlung am 5. August 1906 wurde beschlossen, den Schützenverein Ostenfeldmark in das Vereinsregister eintragen zu lassen. Gleichzeitig wurde gegen den Bebauungsplan für die Jägerallee Protest eingelegt.

Bereits zu Beginn des Jahres 1914 warf der Weltkrieg seine Schatten voraus. Zahlreiche Mitglieder wurden zum Heeresdienst einberufen. Damals erwies sich schon, dass es keine leere Phrase ist, wenn man von einer Schützenfamilie spricht. Im September 1914 wurde den Frauen der im Felde stehenden Schützenbrüder aus der Vereinskasse eine monatliche Unterstützung von 15 Mark gewährt. Durch die kriegerischen Ereignisse musste allerdings das Geschehen innerhalb des Vereins notgedrungen in den Hintergrund treten.

Die Mitglieder und der Vorstand hatten aber in diesen schicksalschweren Wochen und Monaten immer eine offene Hand, wenn es um wohltätige Zwecke ging. Bis zum Februar 1919 wurden 1.335 Mark für die Unterstützung der Frauen und 582 Mark für Liebesgabenpakete zur Verfügung gestellt.

[Geselligkeit] [Hofstaat 1909] [Hofstaat 1911]

 

Wir waren "sechsfache Millionäre"

Nach dem ersten Weltkrieg kam das Vereinsleben erst langsam wieder in Gang. 1919 musste das Schützenfest ausfallen, da man den deutschen Schützen noch nicht wieder das Schießen erlaubt hatte. Allerdings blieben wir nicht ganz untätig. Wir veranstalteten eine Schützenfest-Erinnerungsfeier mit Umzug, Konzert und Ball.

Mit schwindelerregend hohen Beträgen mussten sich unsere Kassierer zur Zeit der Inflation abplagen. Für ein Schützenfest wurde beispielsweise ein Etat von 1.275.000 Mark aufgestellt. Der Vogel für dieses Schützenfest "verschlang" 25.000 Mark. Die Restauration wurde an den Höchstbietenden zum Preise von 125.000 Mark vergeben. Schützenfestbesucher mussten für den Eintritt zur Vogelstange 3.000 Mark und für das Konzert zwischen 2.000 und 8.000 Mark auf den Tisch legen.

Als das Schützenfest vorbei war und der Kassierer den Kassensturz vornahm, konnte er sich als "sechsfacher Millionär" betrachten. Um der rasenden Geldentwertung zu entgehen, wurden die sechs Millionen Mark in Leinöl und Schnaps angelegt. Allzuviel wird man allerdings nicht dafür bekommen haben.

Bei einer Sammlung für die beiden Waisenhäuser kamen annähernd drei Millionen Mark ein.

Wie allerdings aus der Chronik hervorgeht, sanierte sich der Verein und wurde durch den Verkauf des Schießplatzes "finanziell wohlhabend".

Nicht jeder Bürger konnte damals ohne weiteres Mitglied des Vereins werden. Recht kurios mutet heute das Aufnahmeverfahren an. Jedes Mitglied erhielt eine weiße und eine schwarze Bohne. Je nachdem, ob er einem Antrag auf Neuaufnahme wohlwollend oder ablehnend gegenüberstand, warf er eine der beiden Bohnen in den sogenannten Ballotage-Kasten. War das große Bohnenzählen beendet, wurde dem Aufnahme heischenden Bürger mitgeteilt, ob er "für weiß oder schwarz" befunden worden war.

[Jubilare 1920] [Schützenfest 1920] [Hofstaat 1920] [Schützenfest 1921] [Hofstaat 1924] [Königspaar 1925]

 

In Europa gingen die Lichter aus

Wichtige Grundstücksangelegenheiten standen am 16. Oktober 1926 im Mittelpunkt der Generalversammlung. Den Mitgliedern wurde eröffnet, dass der Verein ein hinter der Steinernen Brücke in Werries gelegenes Grundstück des Bäckermeisters Raub von fast zweieinhalb Morgen mit Wohn- und Stallgebäude erworben hatte. Der Kaufpreis betrug 12.000 Mark. Hauptverdienst am Zustandekommen des Kaufvertrages hatte Hauptmann-Stellvertreter Fritz Rogge. Die mustergültige und umsichtige Kassenführung wurde damals stets gelobt. Dafür mag als Beweis dienen, dass der Verkauf unseres früheren Schießplatzes einen Erlös von 54.636,25 Mark ergab. Dieses Grundkapital wuchs im Verlauf von sieben Jahren auf 63.788.28 Mark an.

Mit dicken Lettern wurde der 25. Juni des Jahres 1932 in unsere Vereinschronik eingetragen. Aus Anlass des silbernen Hauptmann-Jubiläums von Gerhard Nillies wurde diesem eine besondere Ehrung zuteil. Als äußeres Zeichen der Dankbarkeit und Verehrung wurde ihm von einer Ehrendame ein Ehrensäbel sowie das silberne Jubiläums-Verdienstabzeichen überreicht. Außerdem erhielt Gerhard Nillies am gleichen Tag die Majors-Insignien.

Im Jahre 1934 wurde den unermüdlichen Vorstandsmitgliedern Johann Kirse und Fritz Rogge die Ehrenmitgliedschaft angetragen. Um den Veranstaltungen innerhalb des Vereins ein einheitliches Gepräge zu geben, wurde 1935 die Anschaffung von Schützenjoppen angeregt.

In diesen Jahren wandelte sich zwangsläufig das Geschehen innerhalb der Schützenvereine. Wie vielen anderen Vereinen wurde ihnen fast alles "von oben" vorgeschrieben. In den letzten Jahren vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges wurde neben den Vereins-Schützenfesten das Volksfest auf dem Großen Exerzierplatz in den Vordergrund gerückt.

Als am 1. September 1939 in Europa die Lichter ausgingen und die Völker innerhalb von 25 Jahren zum zweiten Mal die Waffen gegeneinander richten mussten, endete damit eine friedliche Epoche deutschen Schützenwesens. Auch in der Ostenfeldmark hatte man andere Sorgen. Nur noch wenige ältere Vereinsmitglieder, die nicht eingezogen worden waren, versuchten dem Verein die letzten Impulse zu erhalten.

Erweiterter Vorstand 1932
Erweiterter Vorstand 1932 - Von links: Heinrich Rogge, August Droste, Wilhelm Dreckmann, Wilhelm Schlieper, Johann Kirse, Ernste Bruse, Gerhard Nillies, König Karl Schürmann, Fritz Jonsson, Hubert Stoffer, Friedrich Rogge, Wilhelm Bennemann, Albert Ebel, Fritz Surmann

[Hofstaat 1928] [Hofstaat 1937] [Hofstaat 1938] [Hofstaat 1939]

 

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